Feldversuche

Von der Hand in den Mund

Mi.
01. Mai 2024

mit: Mostviertler Feldversuch Street Food

Schloss Rothschild
3340 Waidhofen/Ybbs

Mostviertler Feldversuch Street Food

Street Food, aber bitte regional: Bei der Auftaktveranstaltung der Mostviertler Feldversuche am 1. Mai holten sechs Köch:innen alles aus ihrer Region. Und das schmeckte!
Street Food, das meint bodenständiges Essen auf die Hand. Wir gehen einen Schritt weiter und finden: Regional soll es sein, mit dem Besten, was das Mostviertel zu bieten hat. Forellen aus der Ybbs, selbsterlegtes Wild, Pielachtaler Dirndln, Weine aus dem Traisental. Eine Straße ist für Street Food übrigens nicht zwingend notwendig, und ein kopfsteingepflasterter Schlosshof bei Licht betrachtet die bessere Idee. Dieses Licht ist die Maisonne, die am „Tag der Arbeit“ einen super Job machte.
Ob es da noch eine wärmende Suppe braucht? „Probiert erst mal“, ruft Silvia Hueber über den Tresen hinweg. Na gut. Oh, wow! In einer umami-satten Brühe schwimmen dicke Scheiben Schweinebauch, bissfeste Nudeln, Mostviertler Pilze und ein wachsweiches Ei. Getoppt wird das Ganze mit Debreziner-Schmalz-Sauce und hausgemachtem Brot-Shoju. Japanisches Soulfood im Wirtshausstyle? Ungewöhnlich wirken diese Mostviertler Ramen – jedoch nur, bis man weiß, wer dahintersteckt. Gemeinsam mit ihrem Partner Stefan betreibt Silvia im nahegelegenen Bründl das „Hueber der Wirt“. Seit einer Japanreise ist das Paar vernarrt in die dortige Küche. Diese mit dem zu verbinden, was ihre Heimatregion hergibt, passt gut zum experimentellen Charakter, der den heutigen Tag prägt.
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Heuer fand die erste Veranstaltung im Schloss Rothschild in Waidhofen an der Ybbs statt, einer Location, die den Grundgedanken dieser Veranstaltungsreihe ziemlich gut transportiert. Ein mittelalterliches Schlossgebäude, dessen bewegte Geschichte die Idee von Sinn und Stolz der Region verkörpert.

Alle Gründungsmitglieder sind beim Event dabei. Vor dem Eingang zum Schlosshof hat sich Mike Nährer positioniert, ein kerniger Haubenkoch, der schon im Taubenkobel und beim französischen Michelin-Waldschrat Marc Veyrat kochte. Mit mokkabrauner Schürze und verspiegelter Sonnenbrille steht er am Holzkohlegrill. Seine „knusprige Sau“ stellt sich als verdammt leckeres Schweinebauch-Roggen-Sandwich heraus, die leicht marinierten Radieschen darin stammen vom Maria Jeutendorfer Biobetrieb „Grünzeug vom Feld“. „Bei Street Food geht es nicht darum, ob etwas dehydriert ist oder fermentiert, sondern: Mund auf und schmecken soll es“, so Mike. Dazu Espresso Martini und Weine seines Zweitprojekts „Vergessene Gärten“.

Auf zum nächste Stand: Hier schenkt Doris Farthofer einen „Bottled Cocktail“ mit O-Gin, Thymian und Birnensaft aus. „Mutig, gewagt, experimentierfreudig“, so beschreibt sie die Essenz der Feldversuche. Passt auch zu Andreas Plapperts begleitenden Flusskrebsravioli mit Grünspargel und Kräuternage und den Kutteln mit Salatherz und rauchiger Dottercreme.

Dirndln spielen zwar in Kleidungsfragen weniger eine Rolle, jedoch am Stand von Sonja und Hubert Kalteis. „Für mich ist das die spannendste Zutat unserer Heimat“, bekennt der Gasthaus-Kalteis-Wirt. Konsequenterweise kommt die Mostviertler Kirschkönigin in seinen zwei Gerichten gleich mehrfach vor. Erstens im Topfen-Waldmeister-Mousse mit Dirndl-Marshmallows und Campari-Schaum. Zweitens im „Feuerfleck“, einem selbsterlegten, 36 Stunden geschmorten Hirsch mit Dirndl-Zwiebeln, Dirndl-Sauerrahm und Sweet-Chili-Dirndl-Sauce. Die Basis ist ein Fladen aus Waldstaudenkorn, einem Mostviertler Urgetreide, den Hubert noch nie zuvor probiert hatte. Ziemlich mutig, oder? „Darum geht’s doch im Leben.“

Nebenan gibt es „Mostviertler Surf and Turf“, Schweinsbackerl vom Ötscherblickschwein, kombiniert mit in Speck gewickelten Neubrucker Forellen, Mostviertler Feta und herrlich schlonzigem Spargel-Einkorn-Risotto. Süßes gibt es beim Bärenwirt-Wirt auch, eine angenehm bittere Biermousse mit Malzeis und Brezelcrumble, dazu Erdbeeren vom Lehner Beerenstadl in Haag.

Stichwort Bier, genau genommen Craft Beer: Das gibt es auch am Stand vom Gaminger Kartausenbräu und dem Imbierator aus dem Pielachtal. Wobei die Auswahl denkbar schwerfällt, wenn gleich daneben bei Most Haselberger aus St. Valentin Birnenmost in allen Variationen ausgeschenkt wird (was der Fall ist). Aus dem Traisental haben Viktoria Preiß und Sigi Resch ihre Weine und Fruchtsäfte mitgebracht. Oder wie wäre es mit einem Fichtennadelkombucha aus dem Hause Hueber? Neben dem Wetter regt übrigens auch die Musik den Trinkfluss an: „Go Johnny, go, go!“

Derart gestärkt geht es weiter zum im Schlossschatten gelegenen Gasthaus-zur-Palme-Stand. Hier hat Theresia Palmetzhofer das Kommando, und was für eines: kühlende Forellen-Ceviche mit Apfelessig und Emmerkornreis und ein vegetarischer Sellerie-Burger. „Elan und Energie“ lautet ihre Gebrauchsanweisung für die diesjährigen Feldversuche.

Eine letzte Runde durch den trubeligen Innenhof, vorbei an Bierbänken und Sonnenschirmen, rauchenden Grills und eisgekühlten Flaschen. Bei den Huebers gibt es ein finales Dessert auf die Hand, ein mit Molkekaramell gefüllter Brandteig mit Birnencreme und Grammel-Topping. Wie lautet noch gleich die japanische Übersetzung für köstlich? „Die Feldversuche verstehen wir als Wegweiser für die innovativsten Betriebe der Region, aber off the beaten path“, so Sonja. Stefan ergänzt: „Alle Welt ist auf der Suche nach Neuem. Dabei geht der Blick oft für das verloren, was direkt vor der Nase liegt.“ Ob Street Food oder gesetztes Dinner, ob gedörrt, fermentiert, verbuddelt oder selbst erlegt: Bei den Mostviertler Feldversuchen wird das nicht passieren.